Kino trifft Wissenschaft: Mi país imaginario - Das Land meiner Träume

Dauer 83 Minuten FSK 12

Der Film wird präsentiert und thematisch eingeordnet von Prof. Dr. Olaf Kaltmeier (Universität Bielefeld) und Gastwissenschaftlerin Prof.‘in Dr. Isabel Piper-Shafir (Universität Chile). Im Anschluss an die Filmvorführung wird es ein Kinogespräch geben.

 

Im Oktober 2019 führte die Erhöhung der Metropreise in Santiago de Chile zu heftigen sozialen Protesten. Über eine Million Menschen demonstrierten für ein gerechteres Bildungs- und Gesundheitssystem und eine neue Verfassung. An vorderster Stelle: Die Frauen. Der Filmemacher Patricio Guzmán liefert ein erfrischendes Zeitdokument, das fesselt und unter die Haut geht. Mit engagierten Essays von La batalla de Chile bis zu Nostalgia de la luz hat sich Patricio Guzmán längst einen Namen gemacht und die Traumata der Diktatur in seiner Heimat filmisch verarbeitet. Doch als 2019 in Santiago de Chile 1.5 Millionen Menschen mit demokratischen Forderungen auf die Straße gehen, kommt das selbst für ihn überraschend - er hat nicht mit dieser Form von kollektivem Aktivismus gerechnet. Was Guzmán uns mit "Mi país imaginario" vorlegt ist denn auch weniger Erinnerung - es ist Aufbruch und Hoffnung. Der Film ist angesiedelt zwischen Reportage und Reflexion. Letzteres trägt die Handschrift des Altmeisters und macht den Film enorm bereichernd, Ersteres macht ihn zu einem der direktesten in seinem Werk. Im Orchester aus Kochtöpfen, Steinen und Sprechchören erklingen die Frauen besonders laut. Bilder und Erlebnisse des Schweizer Frauenstreiks kommen hoch, Farben, Parolen und Forderungen überschneiden sich. Die Proteste zeigen die Mobilisierungskraft der Frauen, es kommt zur Uraufführung des Protestsongs gegen Gewalt an Frauen, der darauf um die Welt gehen sollte: "El violador eres tú! - der Vergewaltiger bist du!" Ob in Madrid, Melbourne, Lausanne, Istanbul oder Caracas, der Song fand weltweit Nachahmerinnen. Mögen ihre Parolen noch lange nachhallen und Veränderungen bewirken.

Chile 2022, R: Patricio Guzmán, D: Sibila Sotomayor, Nicole Kramm, Kitty u.a.

 

Prof. Dr. Olaf Kaltmeier, Historiker für Lateinamerikanische Geschichte an der Universität Bielefeld, Direktor des CALAS, Maria Sibylla Merian Center for Advanced Latin American Studies. Langjährige Forschung zu Chile, bswp. zur Mapuche-Bewegung. Hat im August 2022 mit KollegInnen in Chile einen internationalen Kongress zur Unterstützung des Verfassungsentwurfs des Verfassungskonvents organisiert.

 

Prof.‘in Dr. Isabel Piper-Shafir ist Psychologin an der Universität Chile und leitet dort das Programm Sozialpsychologie der Erinnerungskultur. Sie ist Wissenschaftlerin und Aktivistin auf dem Gebiet der Menschenrechte. Ihre Arbeit konzentriert sich auf kollektive Erinnerungen, politische Gewalt und Widerstand in Chile. Ihre jüngste Forschungsarbeit befasst sich mit Erinnerungen an Widerstandspraktiken im Zusammenhang mit dem sozialen Aufstand in Chile im Jahr 2019.

2021. “Memorias de la Revuelta Social en Chile.” En: Jiménez Martín, Carolina y Zuluaga Nieto, Jaime (Comp.) Incertidumbres de la Paz: Entre el incumplimiento del Acuerdo y las luchas sociales en su defensa. Buenos Aires: Ed. CLACSO, 413 – 427.

2020. “Memorias de una primavera rebelde en Chile.” Revista EOLLES Epistemological Others, Languages, Literatures, Exchanges and Societies Journal n°11.

 

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